Über zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung sehen die Zukunft des Landes negativ. Das ist erschütternd – und ich kann mich noch gut daran erinnern, dass die Stimmung vor zwanzig Jahren anders war. Junge Menschen hatten damals den Eindruck, es werde ihnen materiell besser als ihren Eltern gehen – oder zumindest gleich gut. Das war teils eine Illusion.
Abseits der globalen Herausforderungen wie Klimakrise, Kriegsgefahr und Migrationsbewegungen spielen für viele Menschen heute auch ganz alltägliche Sorgen eine große Rolle. Die allermeisten davon hängen mit dem Geld zusammen, besser gesagt: mit zu wenig Geld. Zwar konnten die Gewerkschaften trotz schrumpfender Wirtschaft großteils reale Lohnerhöhungen durchsetzen, aber das reicht nicht für alle.
Die größte Sorge stellt nach wie vor das Wohnen dar. Wer in Wien nicht in den Genuss des sozialen Wohnbaus kommt, kann schnell einmal einen großen Teil seines Einkommens für die Miete abgeben. Die Mieten auf dem privaten Wohnungsmarkt sind in den letzten fünf Jahren massiv angestiegen. Das spüre auch ich: Ich zahle heute 30 Prozent mehr Miete als noch vor der Pandemie. Bei steigenden Lebenserhaltungskosten müssen sich viele Menschen fragen, wo sie einsparen können.
Die neue Bundesregierung scheint einen ähnlichen Weg einzuschlagen. Das Budget muss saniert werden. Dazu gibt es zwei Wege: Einerseits kann der Staat weniger Geld ausgeben, andererseits kann er durch Steuern und Abgaben mehr einnehmen. Die Regierung möchte überwiegend auf der Ausgabenseite ansetzen. Das bedeutet unter anderem Kürzungen bei einigen Sozialleistungen, öffentlichen Leistungen und Aufträgen sowie weniger Förderungen.
Es ist kein Geheimnis, dass die Vermögensungleichheit in Österreich immer größer wird. Gerade hier könnte der Staat eingreifen und einen gerechten Ausgleich schaffen. Für eine gerechte Gesellschaft müssen alle Menschen einen Beitrag leisten. Darum sollen auch Superreiche und Konzerne ihren Anteil beitragen. Durch eine Millionärssteuer und Erbschaftssteuern kann aber nicht nur das Defizit reduziert werden, es können mittelfristig auch jene entlastet werden, die ohnehin schon jeden Euro umdrehen müssen. Das wäre rational sinnvoll, politisch ist es aber nicht gewollt. Eine verpasste Chance.