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Urlaubsrecht

Neues Gesetz: Urlaubs­ersatz­leistung auch bei vor­zeitigem Austritt

Arbeitnehmer:innen haben nun auch Anspruch auf Urlaubs­ersatz­leistung, wenn sie die Kündigungs­frist bei ihrer Beendigung nicht eingehalten haben. Auch eine rück­wirkende Ein­forderung ist hier möglich – Betroffene sollten jedoch rasch handeln!


Martina Fassler
19.11.2022
"Achtung! Ansprüche ab In­kraft­treten schnell ein­fordern!"

Philipp Brokes, AK Wien Arbeitsrechtsexperte 

Gesetzesänderung nach EuGH-Urteil

Arbeitnehmer:innen, die etwa mit ihren Arbeitsbedingungen unzufrieden sind und einen neuen Arbeitgeber finden, schmeißen in Unkenntnis ihrer rechtlichen Möglichkeiten oft ohne Einhaltung der Kündigungsfrist ihren bisherigen Job hin.

Bei einem solchen vorzeitigen Austritt, fielen die Arbeitnehmer:innen bisher um ihre finanzielle Abgeltung für nicht verbrauchte Urlaube, kurz „Urlaubsersatzleistung“, um. Für den EuGH war die österreichische Regelung europarechtswidrig. Ein neues Gesetz soll das jetzt ändern: Künftig können Arbeitnehmer:innen auch bei einem vorzeitigen Austritt eine Urlaubsersatzleistung einfordern. Die Regierung hat die Gesetzesänderung nach einem einschlägigen EuGH-Urteil im Parlament eingebracht. Sie wurde mehrheitlich angenommen und ist mit 1. November in Kraft getreten.

„Bereits vor dem EuGH-Urteil war es der AK gelungen, für einen Pizzaboten eine strittige Urlaubsersatzleistung in der Höhe von 1.400 Euro nach seinem vorzeitigen Austritt einzubringen“, sagt AK Arbeitsrechtsexperte Philipp Brokes. „Das neue Gesetz bringt zudem die Möglichkeit, die Urlaubsersatzleistung bis zu drei Jahre vor Inkrafttreten rückwirkend einzufordern. Das betrifft vor allem jene, die in den letzten Jahren einen 'unberechtigten' vorzeitigen Austritt gesetzt und damit ihre Urlaubsersatzleistung verloren haben.“ Aber Achtung: Beschäftigte sollten nicht allzu lange warten, damit ihre Ansprüche nicht verjähren.

Die Arbeiterkammer Wien bietet hierzu ein breites Beratungsangebot!


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Die Gesetzesnovelle


Kritik an der Umsetzung

In diesem Zusammenhang betont AK-Experte Brokes, dass die Regierung eine absolute Minimalvariante umsetzt – leider zu Lasten der Arbeitnehmer:innen und ihrer Arbeitgeber:innen. Das zugrundeliegende EuGH-Urteil befasst sich nämlich lediglich mit dem Mindesturlaub laut EU-Richtlinie, also mit vier Wochen. Da österreichische Arbeitnehmer:innen jedoch eine fünfte, manchmal sogar eine sechste Urlaubswoche haben, lässt die Regierung den Verlust der Urlaubsersatzleistung auch in Zukunft zu, wenn es sich um die fünfte oder sechste Woche des Jahresurlaubs handelt. „Eine völlig praxisferne Regelung, die vielen Betrieben die korrekte Ermittlung einer Urlaubsersatzleistung wesentlich erschweren wird. Es wäre möglich gewesen, die EuGH-Entscheidung 1:1 in das österreichische Arbeitsrecht einfließen zu lassen und den Verlust des Urlaubsguthabens gänzlich zu verhindern. Die Bundesregierung entschied sich bewusst dagegen“, so Brokes.

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AK-Broschüre „Urlaubsrecht“

Wichtige Informationen dazu findest du in der AK-Broschüre „Urlaubsrecht“:

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