Zwei von zehn Beschäftigten in Österreich haben keine österreichische Staatsbürgerschaft. In Wien sind es sogar drei von zehn. Die meisten davon kommen aus Deutschland, Ungarn, Rumänien, der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien bzw. einem seiner Nachfolgestaaten. Besonders viele von ihnen sind in systemrelevanten Berufen tätig.
Eine aktuelle SORA-Studie untersuchte im Auftrag der AK Erwerbssituation, Arbeitszufriedenheit und Diskriminierung von Kolleg:innen mit anderen Staatsangehörigkeiten als der österreichischen.
Die Studie zeigt auf, dass sich die Benachteiligung von Menschen mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft durch verschiedene Bereiche zieht:
Die meisten Kolleg:innen mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft befinden sich im niedrigen und im höchsten Bildungsniveau. „Die Pole sind stark ausgeprägt“, so Ingrid Moritz.
Laut SORA-Studie sind zwischen 15 und 35 Prozent aller Unterschiede nicht durch die unterschiedliche Alters- und Qualifikationsstruktur zu erklären, sondern mit struktureller Diskriminierung. Diese hat viele Gesichter und endet nicht nach dem Vorstellungsgespräch.
„Betriebsrät:innen haben die Möglichkeit, über Rechte zu informieren und Diskriminierung sichtbar zu machen“, erklärt AK-Expertin Moritz. Wichtig sei außerdem, dass sich die Vielfalt in der Belegschaft auch im Betriebsrat widerspiegle. Der AK-Experte Franjo Markovic ergänzt: „Es geht in erster Linie um Vertrauen.“ Deshalb müsse Diskriminierung mehr zum Thema gemacht werden.
Ein möglicher erster Schritt könnten Schulungen des Vereins ZARA zu Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit sein, um die Sensibilität im Betrieb zu erhöhen.
Franjo Markovic, AK-Experte
Tiefergehende Veränderung kann durch Gleichstellungsbeauftragte gelingen, so Markovic. Insgesamt gehe es auch um die Zukunft der Gewerkschaftsbewegung: „Wenn wir eine schlagkräftige Bewegung sein wollen, dann müssen wir unsere Kolleg:innen verstärkt ins Boot holen.“ Das Problem an der Sache? „Die Zielgruppe hat keine Lobby“, erklärt Ingrid Moritz, denn ohne Staatsbürgerschaft kein Wahlrecht.
Der Weg zur österreichischen Staatsbürgerschaft ist mit zehn Jahren nicht nur ein besonders langer, sondern man muss ihn sich auch erst einmal leisten können. Neben den Verfahrenskosten unterliegt die österreichische Staatsbürgerschaft nämlich auch gewissen Einkommensgrenzen.
Schätzungen zufolge könnte sich ein Drittel der Österreicher:innen die eigene Staatsbürgerschaft nicht leisten, so Franjo Markovic. Daher gebe es sogar Personen mit Migrationshintergrund in der dritten Generation, die keine Staatsbürgerschaft bekommen. Deshalb fordert die AK einen gerechteren Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft.