AKtuell: Damit eine Versetzung verschlechternd ist, müssen ojektive Kriterien vorliegen. Was zum Beispiel?
Wolfgang Kozak: Das kann örtlich sein, indem ich den Betrieb wechsle und plötzlich länger pendle oder mehr Kosten habe als davor. Es kann eine fachliche Versetzung sein, von einer eigenverantwortlichen Tätigkeit zu einer Hilfstätigkeit. Es kann auch Ansehen eine Rolle spielen, einhergehend mit Wertverlust nach außen. Oder es wird die Bezahlung schlechter, weil Zulagen wegfallen. Auch die Verschiebung der Arbeitszeit oder -schicht kann ein Kriterium sein.
AKtuell: Auch der Wechsel von einem Einzelbüro ins Großraumbüro?
Wolfgang Kozak: Nicht, wenn ich weiterhin ausreichend Platz und ruhige Arbeitszeiten habe. Selbst Desksharing ist ok. Eine Verschlechterung ist es nur im Zusammenhang mit der Verrichtung der Tätigkeit.
AKtuell: Nach der Covid-Pandemie wollen viele Vorgesetzte die Arbeitnehmer:innen wieder vermehrt ins Unternehmen zurückholen. Ist das, was die Arbeitswissenschaft „Präsentismus“ nennt, ebenfalls eine Verschlechterung?
Wolfgang Kozak: Nur die Kündigung der Homeoffice-Tätigkeit, ohne Änderung der fachlichen Tätigkeit, ist noch keine Verschlechterung. Die Homeoffice-Vereinbarung kann auch der/die Arbeitnehmer:in kündigen. Wir haben einerseits das Vertragliche und andererseits die Belegschaftsmitsprache; die löst hier der Einzelne nicht aus.
AKtuell: Im vorliegenden Fall wurde die Personalvertretung übergangen. Was würdest du daher raten?
Wolfgang Kozak: Mit dem Betriebsrat oder der Personalvertretung in Kontakt treten und Rücksprache halten! Nicht versuchen, die Dinge allein zu stemmen und vorschnell entscheiden. Sondern die Belegschaftsvertretung einbeziehen. Erstens weiß sie nicht immer alle Details, zweitens kennt sie nicht alle persönlichen Vorlieben der Belegschaft. Für die einen passt so eine Versetzung, für andere vielleicht nicht.
AKtuell: Verursacht der Boom des Homeoffice bis dato mehr Klagsfälle?
Wolfgang Kozak: Was ich als negativ sehe, ist: Oft werden unabhängig vom Gesetz Homeoffice-Vereinbarungen getroffen – anstatt dass Beschäftigte Dienstverhinderungen melden, weil Handwerker nach Hause kommen.
AKtuell: Also man halst sich zwei Verpflichtungen gleichzeitig auf?
Wolfgang Kozak: Es kommt zu einer wirtschaftlichen Verschiebung. Anstelle etwa der Bank-Tage früher gibt es heute Online-Banking. Das führt zu einer Abnahme der Dienstverhinderungen. Hier liegt der wirtschaftliche Gewinn auf Seiten der Arbeitgeber:innen. Beschäftigte heizen zu Hause für das Unternehmen, verbrauchen Strom. Und die Arbeitnehmer:innen sind in dieser Zeit produktiver, weil die private Nutzung der Infrastruktur ermöglicht wird. Anstelle einer Dienstverhinderung einen halben oder ganzen Tag wegen eines Amtsweges wird gearbeitet und der Amtsweg nebenbei gemacht.
Zudem wissen wir von Unternehmen, dass die Ausfallstage um die Hälfte zurückgegangen sind. Denn viele arbeiten von zu Hause, wenn sie sich nicht gut fühlen.
Generell sehe ich kritisch, dass wir dabei keinerlei Kontrollen haben, ob der Arbeitnehmer:innenschutz eingehalten wird. Etwa ob die Bildschirme, Schreibtische und Sessel zum Arbeiten geeignet sind. Die Fallen im Homeoffice durch das nicht Einhalten dieser Schutzbestimmungen werden uns noch beschäftigen.