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Interview

Mit­spracherecht bei Home­office und Versetzungen 

In der mo­der­nen Ar­beits­welt nimmt das Home­office einen fixen Platz ein. Das berück­sich­tigt auch der Oberste Ge­richts­hof. 

Heike Hausensteiner
29.03.2024

Die Hinter­grün­de erklärt Arbeits­rechts­experte Wolf­gang Kozak von der AK Wien.

AKtuell: Ein Ver­trags­be­diensteter konnte nach seiner Verset­zung nicht mehr zu 80 Prozent im Home­office arbeiten. Er sah darin eine Ver­schlech­terung und klagte. Der Fall landete vor dem Obersten Gerichts­hof (OGH). Worin liegt hier das Beson­dere? 

Wolfgang Kozak: Es ist ein prozess­rechtliches Gusto­stückerl. Der OGH hat dem Vertrags­bediensteten nicht recht gegeben, er entzieht sich der Ent­scheidung und sagt: Zu früh geklagt; eine Zu­ordnung auf den neuen Arbeitsplatz ist noch nicht erfolgt. Aber er winkt mit der gelben Fahne, indem er sagt: Achtung, solche Verän­derungen können ver­schlechternd sein. Das löst die Mit­wirkungs­pflicht des Betriebs­rates aus. Und wenn dieser nicht zustimmt, können Arbeitgeber:innen nicht versetzen.

Der OGH beachtet das Gesamt­bild der Arbeits­bedingungen. Er nimmt die Möglich­keit von Home­office in die Wertung der Ver­setzung hinein, weil es mittler­weile zu unserer modernen Arbeits­welt gehört

 

Wolfgang Kozak © Lisa Lux
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Wolgang Kozak, AK Wien
„Nicht ver­su­chen, die Din­ge al­lei­ne zu stem­men und vor­schnell ent­schei­den. Son­dern die Be­leg­schafts­ver­tre­tung ein­be­zie­hen.“

Wolfgang Kozak, AK Wien

 

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Homeoffice ist Teil der modernen Arbeitswelt geworden.

AKtuell: Damit eine Ver­setzung ver­schlech­ternd ist, müssen ojektive Kriterien vor­liegen. Was zum Beispiel?

Wolfgang Kozak: Das kann örtlich sein, indem ich den Betrieb wechsle und plötzlich länger pendle oder mehr Kosten habe als davor. Es kann eine fachliche Ver­setzung sein, von einer eigen­verant­wortlichen Tätig­keit zu einer Hilfs­tätigkeit. Es kann auch Ansehen eine Rolle spielen, einhergehend mit Wert­verlust nach außen. Oder es wird die Bezahlung schlechter, weil Zulagen wegfallen. Auch die Ver­schiebung der Arbeits­zeit oder -schicht kann ein Kriterium sein.

AKtuell: Auch der Wechsel von einem Einzelbüro ins Großraumbüro? 

Wolfgang Kozak: Nicht, wenn ich weiterhin aus­reichend Platz und ruhige Arbeits­zeiten habe. Selbst Desk­sharing ist ok. Eine Ver­schlechterung ist es nur im Zusammen­hang mit der Verrichtung der Tätigkeit.

AKtuell: Nach der Covid-Pandemie wollen viele Vor­gesetzte die Arbeit­nehmer:in­nen wieder vermehrt ins Unter­nehmen zurück­holen. Ist das, was die Arbeits­wissen­schaft „Präsen­tismus“ nennt, ebenfalls eine Ver­schlech­terung? 

Wolfgang Kozak: Nur die Kündigung der Homeoffice-­Tätigkeit, ohne Änderung der fachlichen Tätigkeit, ist noch keine Verschlechterung. Die Homeoffice-Verein­barung kann auch der/die Arbeit­nehmer:in kündigen. Wir haben einerseits das Vertragliche und anderer­seits die Belegschafts­mitsprache; die löst hier der Einzelne nicht aus. 

AKtuell: Im vor­liegen­den Fall wurde die Personal­vertretung über­gangen. Was würdest du daher raten? 

Wolfgang Kozak: Mit dem Betriebs­rat oder der Personal­vertre­tung in Kontakt treten und Rück­­sprache halten! Nicht versuchen, die Dinge allein zu stemmen und vor­schnell ent­scheiden. Sondern die Beleg­schafts­vertretung ein­beziehen. Erstens weiß sie nicht immer alle Details, zweitens kennt sie nicht alle persönlichen Vor­lieben der Beleg­schaft. Für die einen passt so eine Ver­setzung, für andere vielleicht nicht. 

AKtuell: Ver­ur­sacht der Boom des Home­­office bis dato mehr Klags­­fälle? 

Wolfgang Kozak: Was ich als negativ sehe, ist: Oft werden unabhängig vom Gesetz Home­office-Verein­barungen getroffen – anstatt dass Beschäftigte Dienst­ver­hinderun­gen melden, weil Hand­werker nach Hause kommen. 

AKtuell: Also man halst sich zwei Ver­pflich­tun­gen gleichzeitig auf?  

Wolfgang Kozak: Es kommt zu einer wirt­schaft­lichen Ver­schiebung. Anstelle etwa der Bank-Tage früher gibt es heute Online-Banking. Das führt zu einer Abnahme der Dienst­verhin­derun­gen. Hier liegt der wirt­schaftliche Gewinn auf Seiten der Arbeit­geber:innen. Beschäftigte heizen zu Hause für das Unter­nehmen, verbrauchen Strom. Und die Arbeit­nehmer:innen sind in dieser Zeit produktiver, weil die private Nutzung der Infra­struktur ermöglicht wird. Anstelle einer Dienst­verhinderung einen halben oder ganzen Tag wegen eines Amts­weges wird gearbeitet und der Amts­weg nebenbei gemacht. 

Zudem wissen wir von Unter­nehmen, dass die Ausfalls­tage um die Hälfte zurück­gegangen sind. Denn viele arbeiten von zu Hause, wenn sie sich nicht gut fühlen. 

Generell sehe ich kritisch, dass wir dabei keinerlei Kontrollen haben, ob der Arbeit­nehmer:in­nen­schutz ein­gehalten wird. Etwa ob die Bild­schirme, Schreib­tische und Sessel zum Arbeiten geeignet sind. Die Fallen im Home­office durch das nicht Ein­halten dieser Schutz­bestimmungen werden uns noch beschäftigen.



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Urteil des OGH:

Hier kannst du die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs
im Rechts­informations­system des Bundes (RIS) nachlesen.

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