Kolumne
Draufgeschaut
Im Büro schenkt sich der Hauptdarsteller ein Glas Whisky ein, setzt sich auf seinen Platz und brütet über einem Problem. Aus Film und Fernsehen kennen wir genügend solcher Szenen. Was hier als dramaturgische Inszenierung aufblitzt, ist traurige Realität für tausende Erwerbstätige in Österreich: Abhängigkeit von Alkohol, Medikamenten und Drogen am Arbeitsplatz.
Rund neun Prozent aller Beschäftigten greifen auf süchtig machende Substanzen zurück, um ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Das zieht sich quer durch alle Branchen. Ich selbst, aus der Gastronomie kommend, konnte das hautnah miterleben. Wie Kolleg:innen während einer intensiven Schicht dann auch öfter zum Bier greifen – oder zum Joint nach Ende der Arbeitszeit, um endlich „runterkommen zu können“.
Die Gründe für Suchtmittelkonsum am Arbeitsplatz sind schnell ausgemacht. Hoher Leistungsdruck, ständiger Zeitmangel und Stress sowie fehlende Anerkennung und Wertschätzung. Das Unternehmen möchte seinen Profit steigern. Die Führungsebenen bauen Druck auf, damit die Mitarbeiter:innen noch mehr, noch besser, noch effizienter arbeiten. Einzelne Kolleg:innen greifen dann auf Substanzen zurück, um besser „zu funktionieren“. Somit schaffen sie es, kurzfristig produktiver bzw. länger zu arbeiten – auf Kosten ihrer geistigen und körperlichen Gesundheit.
Es ist eines der Phänomene des Kapitalismus, den Profit zum höchsten Gut zu erklären. Um dieses Ziel zu erreichen, wird die Zerstörung von Mensch und Natur in Kauf genommen. Ständig hoher Druck am Arbeitsplatz und lange Arbeitszeiten machen krank und lassen manche Menschen zur Flasche greifen.
Hier muss entgegengewirkt werden. Ich wünsche mir dabei eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich, die Rücknahme der Regelungen zum 12-Stunden-Tag und ein Verbot von All-in-Verträgen. Holen wir uns unsere Lebenszeit tatsächlich zum Leben zurück!